Svenja Schulze

„Zeitenwende“ erfordert eine starke Entwicklungspolitik - Svenja Schulze diskutiert über Umdenken in der Außen- und Sicherheitspolitik

14. August 2022

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Der Begriff „Zeitenwende“ ist in aller Munde – aber was ist damit gemeint? Um den Begriff mit Inhalt zu füllen, diskutierte Svenja Schulze, SPD-Bundestagsabgeordnete für Münster und Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, beim „Roten Salon“ mit Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge, Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklung und Nachhaltigkeit (German Institute of Development and Sustainability – IDOS), und Christoph Strässer, früherer Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe. Bei der Veranstaltung kamen auch zahlreiche Gäste zu Wort. Klar wurde: Entwicklungspolitik gehört heute zur erfolgreichen Sicherheitspolitik dazu.

Münster, 14. August 2022. Mit rund 80 Gästen hat Svenja Schulze, SPD-Bundestagsabgeordnete für Münster und Bundesentwicklungsministerin, am Sonntag im Café Colibri über den Begriff der „Zeitenwende“ diskutiert. Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge, Direktorin des German Institute of Development and Sustainability (IDOS; ehemals Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)) und Professorin für Globale Nachhaltige Entwicklung an der Universität Bonn, beleuchtete das Thema aus wissenschaftlicher Perspektive. Der frühere Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Christoph Strässer, führte als Moderator durch die Veranstaltung. Das Besondere: Bei dem offenen Debattenformat, zu dem Schulze seit 2006 in Münster einlädt, haben alle Gäste die Möglichkeit, mitzudebattieren. „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine war wirklich eine Zäsur. Für die Bevölkerung und die Bundesregierung ist das eine gleichermaßen neue Situation, die uns tiefgreifende Veränderungen bringt. Das sorgt verständlicherweise bei vielen auch für Verunsicherung. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir jetzt im engen Austausch miteinander bleiben“, erläuterte Schulze.

Erstmals hatte Bundeskanzler Olaf Scholz den Begriff der „Zeitenwende“ kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs verwendet. Die deutsche Öffentlichkeit verbinde mit der „Zeitenwende“ ganz überwiegend das Sondervermögen für die Bundeswehr, so Schulze. „Mir ist aber wichtig, klarzumachen: Die ‚Zeitenwende‘ geht darüber weit hinaus. Sie steht für ein ganzheitliches Umdenken in der Außenpolitik und einen erweiterten Sicherheitsbegriff. Wenn wir künftig Konflikte verhindern wollen, müssen wir uns noch stärker für internationale Gerechtigkeit einsetzen und dafür, dass weltweit ein Leben in Würde möglich ist.“ Deshalb gehe es jetzt nicht nur um militärische Maßnahmen, sondern darum, die Entwicklungszusammenarbeit mit den weltweiten Partnern zu stärken.

„Entwicklungspolitik ist Friedenspolitik, denn sie schafft wirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektiven für die Menschen in den Partnerländern. Sie trägt damit dazu bei, dass Konflikte und Fluchtursachen erst gar nicht entstehen“, betonte Schulze. Die durch Putins Angriffskrieg ausbleibenden Grundnahrungsmittellieferungen träfen die ärmsten Länder und ärmsten Menschen am härtesten. „Daher werden wir, neben der akuten Hilfe, in Zukunft verstärkt daran arbeiten, die Nahrungsmittelsouveränität der Partnerländer zu steigern. Damit stärken wir Krisenresilienz und schaffen Stabilität.“

Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge betonte, die „Zeitenwende“ erfordere von Deutschland und Europa, deutlich mehr als je zuvor in die eigene Glaubwürdigkeit zu investieren. „Die Solidarität, die wir von der internationalen Staatengemeinschaft einfordern, muss wechselseitig gelten. Der Demokratische Frieden Immanuel Kants muss, neben Frieden, Freiheit und Wohlstand, für Verlässlichkeit im gemeinsamen Schultern von Krisen stehen.“

Die Debatte im „Roten Salon“ schloss inhaltlich an die Tiergartenkonferenz an, die die Friedrich-Ebert-Stiftung Ende Juni in Berlin ausgerichtet hatte. Dort hatten unter anderem Svenja Schulze und der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil in Grundsatzreden skizziert, was die Zeitenwende für Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik bedeutet.