Svenja Schulze

Beitrag in „konkret. kommunal. mobil“ der Bundes SGK

Kein Klimaschutz ohne Mobilitätswende

26. Juli 2021

Wir haben uns ein klares Ziel gesetzt: Deutschland wird bis 2045 und die EU bis spätestens 2050 klimaneutral. Dazu müssen Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend umgebaut werden. Es geht mir dabei jedoch nicht allein darum, die Emissionen zu senken. Der notwendige Umbau soll gleichzeitig für mehr Gerechtigkeit, für eine gesündere Umwelt, eine höhere Lebensqualität und mehr Wohlstand sorgen.

Das gilt ganz besonders für den Bereich der Mobilität: Wir sind mobil und wollen das auch in Zukunft bleiben. Gleichzeitig wollen wir aber auch, dass unsere Städte, unser Land, die Welt insgesamt lebenswert bleiben und lebenswerter werden.

Gerade der Verkehr bleibt beim Klimaschutz noch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Trotz technischer Effizienzsteigerungen ist der CO2-Ausstoß dort nahezu unverändert viel zu hoch. Aber es gibt sie schon, die vielen guten Ansätze. Unsere Mobilität kann umwelt- und klimafreundlich gestaltet werden.

Diese Ansätze müssen flächendeckend umgesetzt werden. Dafür brauchen wir Veränderungen bei Technologien und Infrastruktur, aber auch bei unseren Gewohnheiten. Das sind noch große Herausforderungen. Gleichzeitig bieten sie uns enorme Chancen – für bessere Luft und weniger Lärm, für zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Diesen Transformationsprozess zur nachhaltigen Mobilität können wir nur gemeinsam gestalten – in Bund, Land und Kommunen.

Wenn wir uns fragen: Wie soll die Mobilität der Zukunft aussehen? Dann müssen wir sagen können wie unser Zielbild aussieht. Nur wenn wir das haben, wissen wir, wie wir den Weg dahin gestalten können und welche Weichen wir heute stellen müssen.

Möglichkeiten bekommen, bequem und umweltfreundlich zu jeder Zeit von A nach B zu kommen. Mobilität ist bezahlbar und barrierefrei für Jung und Alt, in der Stadt und auf dem Land, sie verursacht keine Emissionen und verbraucht keine zusätzlichen Flächen mehr.

Um dieses Zielbild zu erreichen, muss sich vieles ändern. Das geschieht weder von selbst noch durch technologischen Fortschritt allein: Der notwendige umwelt- und klimagerechte Umbau unserer Mobilität muss politisch gestaltet werden. Und es braucht vor allem handlungsfähige Kommunen, die den Wandel vor Ort organisieren können.

In der Bundesregierung hat die SPD wichtige Schritte zu mehr Klimaschutz im Verkehr erkämpft.
Zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise hat die Bundesregierung 2020 ein umfassendes Konjunktur- und Zukunftspaket auf den Weg gebracht, das kurzfristig wirksame Impulse setzt, die den mittel- und langfristigen sozial-ökologischen Umbau voranbringen:

  • Der ÖPNV wird durch eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel um 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2020 unterstützt, die Deutsche Bahn erhält eine Eigenkapitalerhöhung von 5 Milliarden Euro zur Stärkung der Schiene. Das stärkt den öffentlichen Verkehr ganz erheblich.
  • Um den Stadtverkehr umweltfreundlicher zu machen, wurde die Förderung für E-Busse und deren Ladeinfrastruktur bis Ende 2021 befristet aufgestockt und ein Flotten-Modernisierungs-Programm für Busse und LKW aufgelegt.
  • Das Bundesumweltministerium unterstützt mit dem Programm „Sozial und Mobil“ die Umstellung der im Gesundheits- und Sozialwesen eingesetzten Fahrzeugflotten auf Elektrofahrzeuge.
  • Mit dem nochmals erhöhten Umweltbonus wird die Umstellung auf Autos mit klimafreundlichen Antrieben unterstützt. Und der finanzielle Anreiz zeigt Wirkung: Die Zahl der neu zugelassenen Elektroautos in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr verdreifacht.

Diese Beispiele machen deutlich: Zusammen mit dem 2019 verabschiedeten Klimaschutzprogramm und den dazugehörenden Klimaschutzmaßnahmen hat die Bundesregierung binnen eines Jahres das größte Investitionsprogramm für den Klimaschutz in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland initiiert – und zugleich wichtige Impulse für eine nachhaltige Mobilität gesetzt.

Großes Potenzial, mehr Umwelt- und Klimaschutz im Verkehr zu erreichen, hat auch die Digitalisierung. Etwa durch eine intelligente Verkehrssteuerung oder die stärkere Vernetzung verschiedener Mobilitätsangebote. Das Teilen von Fahrten und Fahrzeugen ist schon jetzt möglich und wird immer einfacher.

Das Bundesumweltministerium hat deshalb in einer „Umweltpolitischen Digitalagenda“ konkrete Vorschläge gemacht, wie wir mit klaren Regeln die Digitalisierung für die Mobilitätswende nutzen und gleich zeitig ihre Risiken vermeiden können. Ein Beispiel ist das Personenbeförderungsrecht: Ich unterstütze die stärkere Öffnung für neue Mobilitätsangebote, wie Ridesharing oder -pooling, die man vor allem über Smartphones bucht und die zu einer Bündelung von Verkehren führen können. Diese Angebote sollen auch außerhalb von Erprobungs- und Testfeldern in den Personennahverkehr integriert und neben dem „klassischen“ Linienverkehr angeboten werden können. Das darf aber nicht dazu führen, dass am Ende mehr Fahrzeuge unterwegs sind. Es muss gelingen, mehr Mobilität mit emissionsfreien Fahrzeugen zu er reichen. Wichtig ist, dass die Kommunen dafür stärke re Steuerungsmöglichkeiten erhalten, nicht zuletzt in der Rolle als Aufgabenträger für den ÖPNV.

Die sozial-ökologische Transformation, insbesondere in der Mobilität, braucht viel staatliches und privates Investment. Und der Umbau braucht mutige und fokussierte Politik über Ressortgrenzen hinweg. Es ist unbedingt notwendig, dass wir in den 2020er Jahren die Trendwende schaffen und den Verkehr für die Zukunft aufstellen. Unser wirtschaftlicher und technologischer Fortschritt muss in Zukunft CO -frei gestaltet werden. Wir haben uns in Deutschland zum Ziel gesetzt, im Jahr 2045 treibhausgasneutral zu sein. Wir wollen dabei weiterhin ein führendes, modernes und wettbewerbsstarkes Industrieland sein.

Dafür müssen wir in diesem Jahrzehnt die Weichen stellen, es muss ein Jahrzehnt der Investitionen in unsere Mobilität werden:

  • Mit der konsequenten Fortsetzung des Umstiegs auf die Elektromobilität. Dafür sind die richtigen Rahmenbedingungen, unter anderem der Ausbau der Ladeinfrastruktur, entscheidend.
    Mit einem Pakt zwischen Bund, Ländern und den Kommunen für einen Attraktivitätsschub im ÖPNV. Denn das muss das Herzstück der lokalen Verkehrswende sein.
  • Mit dem Ausbau eines europäischen Schnelltrassennetzes für den grenzüberschreitenden Schienenverkehr, damit Kurzstreckenflüge überflüssig werden.
  • Mit dem Markthochlauf für den Einsatz von wasserstoffbasierten, klimaneutralen Kraftstoffen auf Basis erneuerbarer Energien (Power-to-X-Kraftstoffe, PtX) für den Flugverkehr, damit wir auch in Zukunft weltweit, aber emissionsfrei vernetzt sein können.
  • Mit dem Aufbau intelligenter Infrastruktur und der Schaffung passgenauer Leitplanken für einen nachhaltigen Einsatz digitaler Technologien sowie einer smarten Nutzung der Mobilitätsdaten. Denn wir brauchen nicht mehr Verkehr, sondern eine Mobilität, die die Lebensqualität erhöht.

Das sind nur fünf Beispiele. Aber sie alle zeigen: Wenn wir groß und mutig in Alternativen denken, dann ist die Quadratur des Kreises möglich: Weniger Emissionen und bessere Mobilität.

Dieser Beitrag ist in „konkret. kommunal. mobil“ der Bundes SGK erschienen:
https://epaper.koellen.de/demo/Bundes_SGK/4/